Griff in die Geschichte (31)
Die Gründung des Flughafen Fuhlsbüttel im Jahre 1911
von Hans Poggensee
Als Siebenjähriger stand ich in Garstedt (heute Norderstedt) 1956 auf der Straße und blickte nach oben, wenn mal ein Flugzeug am Himmel zu sehen war. Das war für uns schon noch etwas Besonderes. Der Flughafen Hamburg war zwar nicht weit weg – aber das wussten wir nicht, obwohl zu dieser Zeit die Planung für den Flughafen schon vor 45 Jahren begonnen hatte.
Es begann schon 1910, als Graf Ferdinand von Zeppelin, der berühmte Luftschiffkonstrukteur, am 5. März Hamburg besucht. Er hält eine mitreißende Rede vor zahlreichen Hamburgern, in der er für die Zukunft der Zeppeline wirbt. Diesem Appell und dem Aufruf einiger prominenter Hamburger ist es zu verdanken, dass die Hamburger aus privaten Kreisen Mittel zur Errichtung einer Luftschiffhalle aufbringen und das fertige Produkt dann der Luftschifffahrt zur Verfügung stellen.
Fast ein dreiviertel Jahr später gründet sich am 10. Januar die Hamburger Luftschiffhallen GmbH (HLG). Auf der Suche nach einem geeigneten Gelände für den Flugplatz einigte man sich schließlich auf ein 44,8 Hektar großes Gelände westlich der Alster und nördlich der Borsteler Rennbahn in der Nähe von Fuhlsbüttel. Im Mai beginnen die Ausschachtungsarbeiten für die Luftschiffhalle und bereits im Herbst können die Hamburger zum ersten Mal ein Zeppelin-Luftschiff, die "Schwaben", über ihrer Stadt bestaunen.
Schon ein Jahr später stimmt der Senat einer Erweiterung des Flughafens auf 60 Hektar zu. Dabei ist der nördliche Teil des Platzes den Luftschiffen vorbehalten, während der südöstliche Teil den Flugzeugen dient. Dazwischen liegt ein großes Gartenrestaurant, in dem Luftschiffer, Flieger und zahlreiche Besucher für Hochbetrieb sorgen. In der Mehrzahl gelten Bewunderung und Interesse dieser Besucher den mächtigen Zeppelinen.
1916: Ein Feuer in der Luftschiffhalle zerstört auch das letzte geeignete Marineluftschiff. Die Luftschifffahrt ist damit für das Reichsmarineamt bedeutungslos geworden, es kündigt den Mietvertrag. Die HLG baut die durch das Feuer zerstörte Halle aus eigenen Mitteln wieder auf und vermietet sie an die Hanseatischen Flugzeugwerke. Doch auch die Fliegerei scheint in Deutschland vor ihrem vorzeitigen Ende zu stehen: Nach dem Ersten Weltkrieg werden große Teile der deutschen Luftflotte als Folge der Versailler Verträge ins Ausland geschafft, zahlreiche Maschinen zerstört, die Hallen und Werkstätten in Fuhlsbüttel beschädigt und unbrauchbar gemacht.
Weitgehend unbekannt ist die Tatsache, dass sich auf dem Flughafengelände eine der ältesten Brücken Hamburgs befindet. Denn die Maße der Brücke sind bescheiden: Sie ist nur acht Meter lang und 3,80 Meter breit und wurde 1798 vom dänischen König Christian VII. erbaut. Sie diente Kirchgängern u.a. aus Hummelsbüttel, um zur Niendorfer Kirche über die Tarpenbek zu gelangen.
Die Tarpenbek fließt schon lange nicht mehr unter der Brücke hindurch. Der Fluss wurde 1932 umgeleitet. Mit der Tarpenbek-Regulierung wurden auch die Hoheitsgrenzen zwischen Hamburg und Preußen geändert, fortan befand sich die Brücke vollständig auf preußischen Territorium. Aber auch nur bis 1937, als das Gebiet durch das Groß-Hamburg-Gesetz der Hansestadt zugeschlagen wurde. Für die Öffentlichkeit ist die Dänenbrücke nicht zugänglich.
Interessant ist aber auch noch, und damit schließt sich der Kreis wieder in Norderstedt, dass im Zweiten Weltkrieg auf Garstedter Boden ein Scheinflughafen angelegt wurde, der anfliegende Bomber irritieren sollte.
Abbildungsnachweise:
Nrn. 1-3: © Archiv Flughafen Hamburg
Nr. 4: © NDR
Veröffentlichungen zum Thema in unserer Bibliothek:
Flughafen Hamburg – Chronik, hg. v. Flughafen Hamburg GmbH. 1980.
A.VI.6 / 058
Peter, Karl: Rund ums Rollfeld. Ein Führer durch den Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel, hg. v. Hamburger Flughafen-Verwaltung (Hamburger Luftschiffhallen-Ges. m.b.H.). 4. erweit. neu bearb. Aufl. 1929.
A.VI.6 / 058.1
Schuller, Alexander (Red.): Hamburgs Tor zur Welt. 100 Jahre Hamburg Airport. 2010 (edition Hamburger Abendblatt).
A.VI.6 / 104
Voigt, Wolfgang: Vom Flugbahnhof zum Terminal. Flughafen Hamburg 1929-1999. 1999.
A.VI.6 / 109
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