Griff in die Geschichte (24)
Erste Michaeliskirche 1750 vom Blitz getroffen
von Hans Poggensee
Als das Wahrzeichen Hamburgs an sich gilt wohl die Michaeliskirche, die einzige nach der Reformation gebaute Kirche, die den Namen eines Heiligen trägt. Eigentlich sollte sie dem Erlöser gewidmet, also die Salvatorkirche, also Heilandskirche werden. Da es aber noch die Kirchengemeinde um den "kleinen Michel" gab, nahmen die Hamburger den Namen nicht an, obwohl noch 1677 der Name Salvator auf einer Karte verzeichnet war.
Der Baubeginn war 1648 unter Mithilfe der Bürger und unter Verwendung von 50 Schubkarren. 1649 konnte dann schon der Grundstein gelegt werden. Zwölf Jahre später wurde die Kirche, noch ohne Turm, geweiht. 1669 war auch dieser mit Haube endlich fertig.
Die Kirchenmusik war gezwungenermaßen noch dürftig, da die ersten beiden Orgeln noch ziemlich klein waren. Erst Arp Schnitger konnte 1715 ein der Bestimmung entsprechendes Instrument bauen, auch wenn in der St. Jacobi-Kirche eine noch heute existierende Orgel schon mächtiger war.
Warum erwähne ich dies? Man hätte gerne diese Orgel erweitert, Pläne und einen Baumeister hatte man schon, doch dann kam der Blitz.
Am 10. März 1750 soll es einen trüben Tagesanfang gegeben haben, den der Turmbläser auch mit seiner Trompete und Chorälen in alle Windrichtungen nicht verscheuchen konnte. Einer angeblichen Zeugin hatte man nicht geglaubt, dass gegen 11 Uhr ein Blitz in den Turm eingeschlagen hatte. Erst eine Stunde später bemerkten die Anwohner, dass der Turm Feuer gefangen hatte.
Nun kann man sich vorstellen, dass ein 123 Meter hoher brennender Turm eine Gefahr für die in der Nachbarschaft stehenden Häuser darstellte. Nur wohin würde er fallen? Die Angst war groß, doch als es dann kurz vor 14 Uhr krachte, sank das Gebäude in sich zusammen und stürzte auf das Kirchendach. Letztendlich bedeutete das, dass keine Bürger zu Schaden kamen, aber so war auch das Kirchengebäude vollends zerstört. Das Feuer selbst glomm noch drei Tage auf alten Gräbern und vernichtete viele Gebeine berühmter Männer und Frauen.
Immerhin, denkt man an den großen Brand von 1842, kann man von Glück sagen, dass sich kein Feuer in der Umgegend durchfraß. Lediglich drei Häuser fielen den Flammen zum Opfer. Auch Menschenleben waren nicht direkt zu beklagen. Ein Zimmermann, der beim Löschen der Restglut half, fiel jedoch in eine Gruft und erlag Tage später seinen Verletzungen.
Wie auf der Tuschzeichnung zu sehen ist, sah der Michel damals noch anders aus als heute. Schon 1751 wurde der Grundstein für den Michel mit dem heutigen Aussehen gelegt und niemand ahnte, dass auch dieser Bau ein Raub der Flammen werden würde – glücklicherweise erst 1906 und diese Mal wurde er genau so aufgebaut, wie man ihn bis dahin kannte und auch heute noch kennt.
(Das Bild - eine zeitgenössische Tuschzeichnung - stammt aus dem Buch "Der Michel brennt" von Frank, Joachim W. [u.a.])
Quellen und Veröffentlichungen in der Bibliothek des VHG:
Pabel, Reinhold: Der Kleine und der Große Hamburger Michel, Hamburg 1986.
A.XII.3 / 013
Haas, Diether (Hrsg.): Der Turm : Hamburgs Michel : Gestalt und Geschichte, Hamburg 1986.
A.XII.3 / 040
Frank, Joachim W. [u.a.]: Der Michel brennt! Die Geschichte des Hamburger Wahrzeichens, Bremen 2006.
A.XII.3 / 049
Gretzschel, Matthias: Das Gruftgewölbe unter dem Michel. Hamburgs verborgene Geschichte, Hamburg 2005.
A.XII.3 / 052
Die große Michaeliskirche vor und nach dem Brande am 3. Juli 1906. Mit Ill. und 1 Gedicht: Old Michels Abschied von Hamborg von Carl Holst, Hamburg 1906.
A.XII.3 / 118
Reimers, Karl: Sankt Michaelis 1604 - 1904. Ein Überblick über die Geschichte der neustädtischen Gemeinde in Hamburg von Pastor Karl Reimers, Hamburg 1904.
A.XII.3 / 122
Wagner, Friedrich: Stand-Rede bey feyerlicher Legung des Grund-Steins zur großen St. Michaelis Kirche am 29. Juni 1751 gehalten. Nebst einer kurzen historischen Nachricht, Hamburg 1751.
A.XII.3 / 123
Westphalen, Adolf L.: Bericht des Branddirektors Westphalen betreffend den Brand der St. Michaliskirche und Umgebung in Hamburg am 3. Juli 1906, Hamburg 1906.
A.XII.3 / 124
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