Griff in die Geschichte (23)
Ernst Barlach zum 150. Geburtstag
Berühmt ist Ernst Barlach hauptsächlich als Bildhauer durch seine Holz- und Bronzeskulpturen. Doch er war auch Zeichner, Graphiker und Autor. Tausende von Skizzen und Zeichnungen sowie acht Dramen und mehrere hundert Plastiken haben seinen Ruhm begründet. Der vielseitige Künstler wurde in Wedel nahe Hamburg am 2. Januar 1870 geboren.
Nach einer dreijährigen Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Hamburg bis 1891 erweiterte Barlach seine Begabung in der Königlichen Kunstakademie in Dresden. Während mehrerer Aufenthalte zwischen 1895 und 1897 in Paris entwickelte er schriftstellerische Talente, so verfasste er mehrere Dramen, die ab 1912 veröffentlicht und 1919 aufgeführt wurden und für die er mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet wurde. Nach materiell unsicheren Jahren mit Zeiten von Selbstzweifeln reiste er 1906 in die südlichen Regionen von Russland, eine für ihn entscheidende Erfahrung. Barlach wurde 1908 Mitglied der Künstlergruppe Berliner Secession, einer Vereinigung gegen die konservativen Kriterien und für die Vorstellung neuer Strömungen in der Kunstwelt. 1909 hielt er sich fast das ganze Jahr über in Florenz auf – als Stipendiat der Villa Romana, einem wenige Jahre vorher gegründeten Haus für deutsche Künstler. Ab 1910 lebte er in Güstrow in Mecklenburg bis zu seinem Lebensende 1938.
Ausstellungen von Barlachs Werken gewannen ab 1907 erste Aufmerksamkeit. Seine Arbeiten wurden insbesondere im Kunstsalon Paul Cassirer in Berlin und anschließend bis 1933 in der Galerie Alfred Flechtheim ausgestellt, später auch in Moskau und New York. In weltweiten Auktionen erzielen heute seine Skulpturen immer wieder hohe Preise.
Beobachtungen im Russischen Reich gaben Ernst Barlach richtungsgebende Impulse, sie lenkten seinen Blick auf das Leid des darbenden Volkes. Hier traf er auf das entbehrungsreiche Leben der Menschen, von Not und Härte geprägt. Im täglichen Kampf um das schiere Überleben der dortigen Bettler, Hirten und Bauern sah er ihre Ausweglosigkeit, welche `Die russische Bettlerin´ realistisch verkörpert. Daraus entwickelte er seine primäre bildhauerische Richtung, die sich auf das innere Leiden und äußere Elend konzentrierte; eine Anklage der herrschenden Zustände.
Da es Barlach mehr um Tragik als um Heldentum ging, wurden nahezu 400 seiner Werke von den Nationalsozialisten als entartet bezeichnet, ein Ausstellungsverbot verhängt und viele seiner Arbeiten 1937 aus Museen entfernt. Gleichzeitig wurden seine Bühnenstücke verboten.
Das Ernst-Barlach-Haus (Stiftung H.F. Reemtsma) im Jenischpark in Hamburg-Othmarschen verfügt über eine große Sammlung an Skulpturen, Gemälden und Zeichnungen. In Barlachs Geburtsort Wedel und in seinem Wohnort Güstrow gibt es ein Museum, beide verfügen über vielfältige Exponate. Eine Briefmarke ehrt den Künstler zum 150. Geburtstag in 2020.
Literatur zum Thema in der Bibliothek des VHG:
In der Bibliothek befinden sich einige Titel zu dem Künstler:
Rhauderwiek, Antje: Ernst Barlach. Das Hamburger Ehrenmal. 2005.
A.II.5 / 077
Barlach, Ernst: Ein selbsterzähltes Leben. München 1964.
A.IX.04.b / 005
Dross, Friedrich: Ernst Barlach - Aus seinen Briefen. München 1947.
A.IX.04.b / 006
Flemming, Willi: Ernst Barlach - Wesen und Werk. Bern 1958.
A.IX.04.b / 028
Jansen, Elmar: Ernst Barlach. Berlin 1984.
A.IX.04.b / 029
Schumacher, Fritz: Wie Barlachs Ehrenmal in Hamburg entstand. In: Neue Hamburger Presse vom 2. und 6. Februar 1946. Hamburg 1946.
A.IX.1 / 179-85
Schurek, Paul: Begegnungen mit Ernst Barlach. Hamburg 1946.
A.XI.04.b / 007
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