Griff in die Geschichte

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von J. R.

Gustaf Gründgens – Intendant, Regisseur, Schauspieler, aber vor allem Mephisto

Der zeitweise umstrittene Theatermann Gründgens (22. Dezember 1899 bis 7. Oktober 1963) ist eine bedeutende Persönlichkeit der deutschen Theatergeschichte. Sein Repertoire umfasste Komödien, Dramen, Operetten sowie klassische und zeitgenössische Dramatiker (Der zerbrochene Krug, Wallenstein, Don Carlos, Hamlet, Shaw, Wilde, Wedekind, Brecht), seine Rollen verkörperten Intriganten, Erpresser, Charmeure oder Verführer. Nach nicht abgeschlossener Gymnasialzeit begann Gründgens mit Ende des Kriegs 1918 die ersten Schritte in die Theaterwelt. An der Hochschule für Bühnenkunst des Düsseldorfer Schauspielhauses erkannte man sein vielfältiges Ausdruckspotential. Zwischen 1920 und 1928 spielte und inszenierte er an mehreren deutschen Theatern, auch schon in den Hamburger Kammerspielen, wo er mehr als 70 Rollen spielte. Ab 1929 übernahm er erste Filmrollen und führte auch Regie. Er war Intendant an mehreren Schauspielhäusern: ab 1934 in Berlin, von 1937 bis 1945 Generalintendant der Preußischen Staatstheater, 1947 bis 1955 Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses, anschließend Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg bis 1963.

© Verein für Hamburgische Geschichte

Zur Zeit der Nationalsozialisten wurde Gründgens 1934 zum Staatsschauspieler und zum Preußischen Staatsrat ernannt und in 1935 als verdiente Persönlichkeit in den Reichskultursenat aufgenommen. Nach einjährigem freiwilligem Einsatz an der Front wurde er 1944 zurückgerufen und in die Gottbegnadetenliste aufgenommen, wodurch Künstler durch das NS-Regime besonders geschützt wurden. Für seine Nazi-Kontakte wurde er immer wieder kritisiert. Nach einjähriger Inhaftierung bis 1946 ging seine Bühnenlaufbahn weiter. Zunächst eine kurze Zeit wieder in Berlin, dann acht Jahre in Düsseldorf. 1955 kam Gründgens nach Hamburg als Generalintendant am Deutschen Schauspielhaus in St. Georg, diese Position beendete er im Sommer 1963. Er starb im Oktober in Manila während einer Weltreise. Gustaf Gründgens ist auf dem Friedhof Ohlsdorf begraben.

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Gründgens Paraderolle aber war die des Mephisto. Am 21. April 1957 fand die Premiere von Goethes Faust I auf der Bühne des Deutschen Schauspielhauses Hamburg statt. Die Inszenierung war ein überwältigender Erfolg. Mehr als 100 Aufführungen in der Stadt folgten. Gastspiele wurden auch in anderen deutschen Städten gegeben; bei Aufführungen in Antwerpen, Leningrad und Moskau in 1959 und in 1961 in New York beeindruckte Gründgens Teufel das Publikum. Den größten Erfolg seiner Verkörperung des Mephistopheles, die er seit 30 Jahren personifizierte und etwa 500 Mal auf der Bühne dargestellt hatte, erlangte die Filmversion von 1960. Gedreht in Hamburg, zeigt dieser Film Gründgens Inszenierung des Faust im Schauspielhaus Hamburg in ihrer Originalbesetzung, für die künstlerische Leitung erhielt er den Bundesfilmpreis. Pechschwarze Kappe, rote Feder, grell weiß geschminktes Gesicht, stark rot gemalte Lippen, tiefschwarze seitlich nach oben gerichtete Augenbrauen vermitteln das Antlitz eines gehörnten Dämonen, ironisch, hinterhältig, intrigant, zynisch, gefährlich. Mit diesem Bild erinnert man sich bis heute an seine Interpretation von Goethes Mephisto. Und mit dieser Figur wird Gustaf Gründgens in erster Linie bis heute assoziiert, und für diese Rolle ist er auch nach sechzig Jahren immer noch im Gedächtnis.

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Veröffentlichungen zum Thema in unserer Bibliothek:

Gustaf Gründgens, Wirklichkeit des Theaters. Frankfurt 1963.

A.XI.5 / 12

75 Jahre Deutsches Schauspielhaus in Hamburg 1900 bis 1975. Hrsg. Deutsches Schauspielhaus. Hamburg 1975.

A.XI.5 / 14

Theaterstadt Hamburg. Schauspiel, Oper, Tanz. Geschichte der Gegenwart. Hrsg. Zentrum für Theaterforschung der Universität Hamburg. Reinbek 1989.

A.XI.5 / 120

Curt Riess, Gustaf Gründgens. Eine Biographie. Unter Verwendung bisher unveröffentlichter Dokumente aus dem Nachlaß.Hamburg 1965.

A.XI.5 / 145

Thomas Völlmar, Bild. Bühne. Architektur. Fritz Schumachers Entwürfe für das Theater 1899-1920. Berlin 2009. A.XI.5 / 176

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Rundbriefe des Vorsitzenden